Unterkapitel:Fixpunktübersicht
Fixpunktübersicht
Fixpunkte und Haken in der Wand
Im Gegensatz zu Sportklettergebieten sind in alpinen Routen meist keine soliden Bohrhaken in regelmäßigen Abständen eingebohrt. Besonders in leichteren alpinen Touren sind die Hakenabstände weit, kaum vorhanden oder von fragwürdiger Qualität. In bestimmten Routen wird zudem bewusst auf Bohrhaken verzichtet, um den klassischen und alpinen Charakter einer Tour zu bewahren. In solchen Routen muss selbstständig abgesichert werden – oder bei fragwürdigen Schlaghaken zusätzliche Fixpunkte platziert werden. Das gilt für Zwischensicherungen genauso wie für den Standplatzbau. Das Anbringen und die Bewertung von vorhandenen Fixpunkten sind damit von extremer Wichtigkeit in alpinen Touren.
Ein guter Alpinkletterer erkennt mögliche Fixpunkte schnell und beherrscht den Umgang von mobilen Sicherungsgeräten.
BOHRHAKEN
Es gibt zwei Klassen von Bohrhaken: Klebehaken (formschlüssige Systeme) und Spreizdübel (mechanische Systeme). Beide Systeme sind sichere Fixpunkte, wenn sie im soliden Fels richtig gesetzt sind.
KLEBEHAKEN
FORMSCHLÜSSIGE ELEMENTE
„Formschlüssige Systeme“ werden umgangssprachlich als Klebehaken bezeichnet. Korrekt gesetzt bieten sie die höchsten Festigkeitswerte. Allerdings sind sie gleichzeitig extrem anfällig für Setzfehler.
ANBRINGUNG
Nachdem das Bohrloch ausgeblasen ist (vom Bohrstaub befreit), wird ein geeigneter Kleber (Mörtel) mit Schwerzulassung verwendet. Das Ablaufdatum sowie die Anwendungsanweisungen des Mörtels müssen dabei unbedingt eingehalten werden. Insgesamt ist das Anbringen komplex und sollte nur nach Einweisung und mit entsprechender Erfahrung gemacht werden.
MECHANISCHE SYSTEME
Spreizdübel sind die am meisten verbreiteten Bohrhakensysteme. Sie sind zum einen nicht zu kostenintensiv und zum anderen lassen sie sich einfach Montieren und zeigen eine hohe Festigkeit.
ANBRINGUNG
Wenn keine Hohlräume oder Risse im Fels vorhanden sind, kann der Spreizdübel im Abstand von mindestens 15 cm zu Kanten und Rissen im Fels angebracht werden. Der Bohrhakendübel muss bis zum Anschlag im Bohrloch verschwinden. Außerdem wird er so platziert, dass ein Karabiner beim Sturz nicht auf Biegung belastet wird.
NORMALHAKEN
In klassischen alpinen Routen gibt es häufig „Normal-Haken“ - auch Schlaghaken genannt. Neben unterschiedlichen Formen gibt es auch Unterschiede beim Material: Hartstahlhaken kommen im Granit zum Einsatz, Weichstahlhaken eher im Kalkstein.
WEICHSTAHLHAKEN
Der Weichstahlhaken soll sich dem Rissverlauf anpassen. Beim Einstecken muss ein Drittel der Gesamtlänge im Riss sein und er sollte beim Einschlagen „singen“. D.h. der Haken erzeugt von Hammerschlag zu Hammerschlag einen immer höheren Ton.
HARTSTAHLHAKEN
Hartstahlhaken verklemmen sich durch das Einschlagen im meist parallelen Granitriss. Deswegen sollte er bis zu zwei Drittel der Gesamtlänge eingesteckt werden können und bis zum Anschlag eingetrieben werden. Auch er sollte dabei „singen“.
SINGEN DES HAKENS
Das „Singen“ des Hakens kann nur beim Einschlagen als Gütekriterium erkannt werden. Ein vorgefundener Normalhaken ist immer ein „fraglicher“ Fixpunkt.
NATÜRLICHE FIXPUNKTE
Sanduhrschlingen, Baumschlingen oder Köpfelschlingen sind natürliche Fixpunkte. Sie können, wie die anderen Fixpunkte auch, zur Zwischensicherung oder zum Standplatzbau verwendet werden. Zum Absichern kommen hier Reepschnüre sowie Bandmaterial aus Dyneema oder Kevlar zum Einsatz.
DER BAUM ALS FIXPUNKT
Bäume, Wurzeln, Äste und Latschen können als Fixpunkt dienen. Hierzu wird eine Bandschlinge im Ankerstich um den Baum gelegt, damit sie nicht nach oben wandert. Als Material eignen sich entweder vernähte Bandschlingen aus Dyneema, Polyamid und Mischgewebe oder Reepschnüre aus Dyneema, Kevlar oder Polyamid. Ein Baum als Fixpunkt sollte grün sein, das heißt, sie sind noch nicht abgestorben oder morsch. Der Durchmesser dieses natürlichen Fixpunktes sollte mindestens Beindicke besitzen.
MERKE: Ein direktes Umlenken um einen Baum ist ein No-Go, weil die Rinde beschädigt wird. Stattdessen wird eine Schlinge mit Ankerstich um den Baum gelegt und in einem Karabiner umgelenkt.
DIE SANDUHR ALS FIXPUNKT
Um eine Sanduhr als Fixpunkt nutzen zu können, sollte diese an der schwächsten Stelle mindestens armdick sein und keine Risse aufweisen. Mit Bandmaterial oder Kevlar-/Dyneema-Reepschnüren kann der Kletterer sich eine Zwischensicherung oder einen Fixpunkt zum Standplatzbau schaffen. Bei dünnen oder tiefen Sanduhren ist steifes und reißfestes Material wie Kevlar-Reepschnüre ideal. Beim Legen wird kein Ankerstich verwendet, da dieser sonst automatisch an den dünnsten Punkt der Sanduhr wandert, an welchem die Festigkeit am geringsten ist. Stattdessen legt der Kletterer die Schlinge ringförmig um die Sanduhr, sodass sich diese auf den Sockel – den solidesten Punkt der Sanduhr - legt.
DER FELSKOPF (KÖPFL) ALS FIXPUNKT
Im alpinen Gelände wird häufig an soliden Felsköpfeln Stand gemacht oder eine Zwischensicherung gelegt. Der Kletterer verwendet hier Bandmaterial, weil es weniger schnell „abrollt“ als Reepschnüre. Dyneema-Bandschlingen oder Bandschlingen aus Polyamid oder Mischgewebe sind empfehlenswert. Beim Platzieren ist wichtig, dass die Bandschlinge tief und gut hinter dem Köpfl sitzt. Teilweise ist es deswegen sinnvoll die Schlinge doppelt zu legen und mittels Knoten abzubinden, um ein Abheben durch das Seil zu verhindert.
Vorsicht am Standplatz: Kann die Schlinge beim Sturz nach oben oder zur Seite abgehoben werden, muss der Zentralpunkt verspannt werden oder zur Not mit dem Körpergewicht verspannt werden. Hier muss mit einem Dummy-Runner gesichert werden.
MOBILE FIXPUNKTE
Klemmgeräte und Klemmkeile sind mobile Sicherungsgeräte, da diese aus der Kletterstellung in den Fels gelegt und vom Nachsteiger wieder entfernt werden.
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CAMS
Klemmgeräte sind verstellbare und keilförmige Körper, die im alpinen Gelände als Absicherung dienen. Sie funktionieren meist nach dem „Kniehebelprinzip“, um in Felsrissen eine ausreichend hohe Reibwirkung an den Wänden zu erzeugen. Dabei können sie eine Belastung (Sturz) in Längsrichtung aufnehmen.
Beim Alpinklettern werden Cam (Camalot)-Systeme verwendet, die mit drei oder vier Segmenten hergestellt werden und eine oder zwei Achsen haben. Cam-Systeme mit einer Achse, an der sich drei oder vier Segmente befinden, werden meist als „Friend“ bezeichnet. Beim Cam sind die vier Segmente auf zwei Achsen montiert. Dadurch lassen sie sich weiter zusammenziehen und decken eine größere Rissbreite ab als bei einachsigen Systemen. Bei Cam-Systemen (Friend und Cam) ist ein flexibler Steg heute zum Standard geworden. So können die Geräte auch in Querrissen oder Löchern platziert werden.
RICHTIG LEGEN
Cams müssen in Zugrichtig gelegt werden und flächig an den Risswänden anliegen. Am besten sind sie im mittleren Segmentwinkel platziert. Der Fels, in dem der Cam platziert ist, muss solide sein, da bei Belastung das doppelte der Zugkraft (F) als Sprengwirkung auf die Flächen ausgeübt wird. Damit der Cam von der Seilbewegung in seiner Position nicht verändert wird, benutzt der Kletterer eine verlängerbare Expressschlinge.
Klemmgeräte sollten nicht zu tief im Riss gelegt werden, da der Nachsteiger sie sonst nicht mehr rausbekommen kann !
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KLEMMKEILE
Klemmkeile sind nicht verstellbare und keilförmige (konische) Klemmgeräte, die zur zusätzlichen Absicherung im alpinen Gelände dienen und eine Belastung in Längsrichtung aufnehmen können. Im Vergleich zu Klemmgeräten klemmen sie passiv in Felsverengungen – Klemmgeräte dagegen verspreizen sich aktiv auch in parallelen Rissen. Klemmkeile können verschiedene Grundformen besitzen und werden deswegen in Stopper, Hexentrics oder Tricams unterteilt. Genauso wie Klemmgeräte unterliegen sie einer bestimmten Norm, was die Festigkeit angeht. Formen und Größenangaben können hingegen variieren.
Um den Klemmkeil aus dem Riss zu entfernen, braucht der Nachsteiger einen Klemmkeilentferner. Dieser wird entgegen der Hauptbelastungsrichtung des Klemmkeils – meist von unten – gegen den Klemmkeil gedrückt bzw. leicht geschlagen.
RICHTIG LEGEN
Keile müssen dem Riss entsprechend ihrer Größe und Form angepasst sein. Am besten ist es, wenn der Keil bereits im unteren Drittel im Fels klemmt und möglichst viel Fläche an der Wand aufliegt. Er muss ebenfalls in Zugrichtung gelegt werden. Bei weichem Fels wie Sandstein oder Kalk können kleine Felsnasen bspw. durch die Sprengwirkung ausbrechen und der Keil heraus fliegen. Deswegen muss der Fels solide sein, da hier die Belastung eine Sprengwirkung bis zum vierfachen der Zugkraft (F) auf die Fläche ausübt.