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Unterkapitel: Standplatzbau

Standplatzbau

Der Standplatz ist der „sichere Hafen“ einer Seilschaft. Er soll jeden möglichen Sturz überstehen – im Vorstieg, wie im Nachstieg. So spielt er eine zentrale Rolle in der alpinen Kletterei. 

Auf den ersten Blick scheint ein Standplatzbau komplex: Je nach Fixpunktqualität und Sicherungsmethode muss der Kletterer auf ein anderes System zurückgreifen. Meist entscheidet der Kletterer zwischen einer Reihenschaltung oder einer Kräfteverteilung. In anderen Regionen sind weitere Standplatzsicherungen wie die Südtiroler Methode verbreitet. Grund für die unterschiedlichen Systeme sind die verschiedenen Gegebenheiten wie Anzahl und Qualität der Fixpunkte, die Zugrichtung, die Position zueinander sowie die Sicherungsmethoden. 

Unabhängig vom System besitzt jeder Standplatz einen Zentralpunkt, an dem die Selbstsicherung und die Partnersicherung zusammentreffen. Wichtig ist, dass dieser gut und übersichtlich sortiert ist, um schnell und effektiv arbeiten zu können. 

Wer die Regeln einmal verstanden hat, kann schnell einen sicheren und übersichtlichen Stand bauen!

Wann benutze ich was? 

Generell gibt es zwei Arten des Standplatzbaus: eine Reihenschaltung oder eine Kräfteverteilung. Die klassische Reihenschaltung kommt bei soliden Fixpunkten zum Einsatz. Hier wird ein Fixpunkt (Bohrhaken) allein belastet, der zweite, unbelastete Fixpunkt dient als Redundanz. Das heißt für den ersten Fixpunkt gibt es eine Hintersicherung, falls dieser ausbrechen sollte. Die Reihenschaltung kann mit dem Kletterseil oder einer vorher gebauten Standplatzschlinge mit weichem Auge (doppelter Bulin) aufgebaut werden. Dieses System wird ausschließlich an guten Fixpunkten verwendet. 

Die Kräfteverteilung kommt bei fraglichen Fixpunkten wie Normalhaken oder mobilen Sicherungsgeräten zum Einsatz. Hier soll nicht nur ein Fixpunkt belastet werden, sondern die einwirkenden Kräfte auf alle Fixpunkte gleichermaßen verteilt werden. Sollte ein Fixpunkt herausbrechen, nehmen die anderen die Belastung gleichzeitig und ohne Ruck auf. 

MERKE: An fraglichen Fixpunkten IMMER eine Kräfteverteilung aufbauen! 

REIHENSCHALTUNG

  • Gute Fixpunkte (Bohrhaken) bzw. mindestens ein solider Fixpunkt
  • Bei der Reihenschaltung wird immer der untere, tiefer gelegene Fixpunkt allein belastet; der zweite wird als passive Redundanz dahinter geschaltet.
  • Die Fixpunkte werden dadurch in Reihe (einer nach dem anderen) belastet, falls der erste ausbrechen sollte

Stand an einem soliden Fixpunkt

Besitzt ein Fixpunkt in allen Richtungen ausreichend Festigkeit, so kann ein Stand an einem Punkt errichtet werden. Neben normkonformen Bohrhaken kann ein Stand mit nur einem Fixpunkt an einem Köpfel, einem Block, einer armdicken Sanduhr oder einem dicken Baum errichtet werden.

Besteht die Gefahr, dass bei einer Sturzeinwirkung nach oben der Fixpunkt versagt (z.B. bei einem Köpfelstand), muss der Fixpunkt verspannt werden. Ist das nicht möglich, dann wird er in Ausnahmefällen mit dem Körpergewicht des Sichernden verspannt. In diesem Fall wird über Körper und einen Dummy-Runner am Fixpunkt gesichert. Der Dummy-Runner verhindert, dass der Stürzende in den Sichernden fallen kann: Er bezeichnet eine Zwischensicherung am Stand, die garantiert, dass bei einem Stand-Sturz der Sturzzug im Sicherungsgerät nach oben wirkt und der Sichernde den Sturz halten kann. 

Ist ohne großen Aufwand eine Möglichkeit gegeben Redundanz zu schaffen, dann immer eine klassische Reihenschaltung einrichten! 

Stand am Baum
Bäume können als Standplatz verwendet werden. Hierzu wird eine Schlinge mit Ankerstich um den Baum gelegt, damit sie nicht nach oben wandern kann. Ein Standplatzbaum sollte dabei noch grün sein, das heißt, er ist nicht abgestorben oder morsch. Der Durchmesser des Baumes sollte mindestens die Dicke eines Beins aufweisen.  

Stand an einer Sanduhr
Um an einer Sanduhr Stand machen zu können, sollte diese an der schwächsten Stelle mindestens armdick sein und keine Risse aufweisen. Hierfür legt der Kletterer eine Bandschlinge um die Sanduhr. Es wird kein Ankerstich verwendet, da diese automatisch an den dünnsten Punkt der Sanduhr wandert, an welchem die Festigkeit am geringsten ist. Stattdessen fädelt der Kletterer eine Bandschlinge in die Sanduhr, sodass sich diese bei Belastung auf den Sockel – den solidesten Punkt der Sanduhr - legt. 

Stand am Felskopf
Im alpinen Gelände wird oft an soliden Felsköpfeln Stand gemacht und nachgesichert. Vorsicht: Kann die Schlinge bei einem Vorsteigersturz nach oben oder zur Seite abgehoben werden, muss der Zentralpunkt verspannt werden. Ist das nicht möglich muss dieser mit dem Körpergewicht verspannt werden und es kommt ein Dummy-Runner zum Einsatz. 

Stand an zwei soliden Fixpunkten

Klettert man in einer Route, deren Standplätze mit jeweils zwei soliden Bohrhaken eingerichtet sind, kommt eine Reihenschaltung zum Einsatz. Wenn in Wechselführung geklettert wird, kann der Stand statt mit der Bandschlinge auch mit dem Kletterseil aufgebaut werden: Hierzu in beide Fixpunkte einen Karabiner einhängen, sich selbst mit dem Mastwurf am unteren Fixpunkt - der gleichzeitig Zentralpunkt ist -  sichern und schließlich mit dem Seil am zweiten Karabiner einen Mastwurf legen.

Wenn nicht klar ist, wer vorsteigt, sowie bei permanenter Führung oder einer Dreierseilschaft, wird der Stand mittels Standplatzschlinge gebaut (siehe Grafik). 

Das weiche Auge der Schlinge dient am unteren Fixpunkt als Zentralpunkt. Hier sichert man sich selbst. Anschließend wird der obere Fixpunkt dazu geschalten und die Schlinge entsprechend mittels Sackstich oder Mastwurf verkürzt. 

  1. Vorbereitete Standplatzschlinge einhängen
    Das weiche Auge bildet den Zentralpunkt am unteren Fixpunkt.

  2. Selbstsicherung einhängen
    Zur Selbstsicherung wird das Seil in der entsprechenden Länge mittels Mastwurf im Verschlusskarabiner eingehängt. 

  3.  Sicherungsgerät einlegen
    Jetzt wird das Sicherungsgerät eingehängt (Platte/Tuber zum Nachsichern, HMS oder Tuber für Vorstiegssicherung).

Stand an einem soliden und einem mobilen Fixpunkt

Eine Reihenschaltung kann auch bei zwei ungleich guten Fixpunkten angewandt werden, wenn ein solider Fixpunkt vorhanden ist. Neben dem soliden Fixpunkt können Normalhaken, Klemmkeile oder Klemmgeräte als zweiter Fixpunkt dienen. 
Die Reihenschaltung kann entweder mit dem Seil(bei Wechselführung) oder mittels Standplatzschlinge aufgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass der Zentralpunkt immer am unteren der beiden Fixpunkte platziert wird - unabhängig von der Qualität.

Ist man sich bezüglich der Qualität des „soliden“ Fixpunktes nicht sicher, wird im Zweifel eine Kräfteverteilung aufgebaut!

  1. Schritt
  2. Schritt
  3. Schritt

ZUSAMMENFASSUNG REIHENSCHALTUNG 

  • Übersicht verschaffen, Fixpunkte bewerten
  • Zentralpunkt am tieferen Fixpunkt einhängen
  • Selbstsicherung im Zentralpunktauge 
  • Oberen Fixpunkt dazuschalten und ablängen
  • Sicherungsgerät zum Nachsichern einhängen

MERKE: Der Zentralpunkt wird immer am unteren Fixpunkt aufgehängt. Wenn beide auf gleicher Höhe sind, dann ist der Zentralpunkt der, der in Kletterrichtung zeigt!

vs

KRÄFTEVERTEILUNG

  • Bei mobilen oder zweifelhaften Fixpunkten, wird die Belastung auf alle Fixpunkte möglichst gleich verteilt
  • Sollte einer ausbrechen, fangen die anderen die Belastung auf, ohne, dass ein Ruck entsteht
  • Alle Fixpunkte sind als aktive Redundanz miteinander verbunden

Stand an zwei mobilen Fixpunkten

Sind zwei mobile oder nur zwei fragliche Fixpunkte vorhanden, sollte der Standplatz verbessert werden. Geht das nicht und ist ebenfalls kein anderer Standplatz erreichbar, dann muss der Kletterer eine Kräfteverteilung aufbauen. Die Kraft wird auf beide Fixpunkte am Stand verteilt. Im Falle eines Sturzes ist die Kraft möglichst gleichmäßig auf beide Fixpunkte verteilt und bei Ausbruch eines Punktes kommt es zu keinem zusätzlichen Krafteintrag. 

Bei zwei mobilen oder fraglichen Fixpunkten (z.B. Normalhaken), hängt der Kletterer für die Kräfteverteilung eine ausreichend lange Schlinge in den oberen und unteren Fixpunkt ein. Dann hängt er mit dem Mastwurf oder Ankerstich einen Zentralpunktkarabiner ein.

Südtiroler Stand

Beim Südtiroler Stand verwendet der Kletterer keine Karabiner in den Fixpunkten. Stattdessen wird der Stand mit einer vernähten Bandschlinge oder einer offenen Kevlar- oder Dyneema-Reepschnur aufgebaut, um schnell und einfach mehrere Fixpunkte zu verbinden. Um das Anbringen und Lösen zeitaufwendiger Knoten zu vermeiden, wird der Zentralpunktkarabiner mit einem Ankerstich in die Schlinge geknüpft. 

Wird eine offene Kevlar- oder Dyneema Reepschnur verwendet, wird diese nach dem Fädeln mit einem einfachen Sackstich verknotet. 

  1. Schritt
  2. Schritt
  3. Schritt
  4. Schritt
Standplatzbau an mehreren fraglichen oder mobilen Fixpunkten

Bei einem Stand mit mehreren fraglichen oder mobilen Fixpunkten, wie z.B. an Normalhaken, Keilen oder Klemmgeräten, muss eine Kräfteverteilung aufgebaut werden. Mit einer langen Reepschnur aus Dyneema oder Kevlar (5,5 mm; 6 – 7 m) oder einer langen, vernähten Dyneema-Bandschlinge (2,5 m), werden alle Fixpunkte miteinander verbunden. Offene Kevlar- oder Dyneema Reepschnüre werden mittels Sackstich verknotet. Der Zentralpunkt wird mit einem Ankerstich um den Verschlusskarabiner eingeschlauft. 

  1. Durchfädeln durch alle Fixpunkte
    Dazu wird die offene Reepschnur durch alle Fixpunkte durchgefädelt und dann mit einem Sackstich verknotet.
  2. Zentralpunkt aufbauen 
    Jetzt zieht man alle Schlingen-Abschnitte zwischen den Fixpunkten nach unten und schafft mit einem Verschlusskarabiner einen Zentralpunkt, indem man einen Ankerstich auf den Karabiner legt.
  3. Selbst- und Partnersicherung
    Nun wird wiederum die Selbst- und Partnersicherung im Zentralpunkt eingehängt.

Quiz: Standplatzbau

Der Standplatz ist der sichere Hafen einer Seilschaft. Als zentraler Sicherungspunkt in der Tour muss er Stürze im Vor- sowie im Nachstieg aushalten können. Der schnelle und sichere Bau eines übersichtlichen Standplatzes ist deswegen von extremer Wichtigkeit für jeden Alpinkletterer. Dabei ist der Aufbau von den vorgefundenen Gegebenheiten abhängig, wie z.B. der Anzahl und Qualität der Fixpunkte, ihrer Position zueinander sowie der Sicherungsmethode. 

Schritt 1 Schritt 2
Standplatzbau Quiz Baumschlinge

Standplatzbau Quiz Baumschlinge

JETZT BIST DU AN DER REIHE!

Als vorsteigender Kletterer kommst du zum Standplatz. In der Wand vor dir findest du zwei gute Bohrhaken (Stand an zwei soliden Fixpunkten). Wie gehst du beim Bau eines Standplatzes vor?

Ziehe die Abläufe in die richtige Reihenfolge!

Sicherungsgerät in das Schlingenauge einlegen und Seil einholen
Qualitätskontrolle der vorhandenen Fixpunkte
Schraubkarabiner der Standplatzschlinge in den unteren der beiden Fixpunkte einhängen
Den zweiten Fixpunkt mit der Standplatzschlinge dazu schalten
Weiteren Schraubkarabiner ins weiche Schlingenauge einhängen & in diesem selbst sichern
Durch Seilkommando signalisieren, dass der Vorsteiger „STAND“ hat

Das war leider die falsche Reihenfolge! Versuche es nochmal!

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Gratulation

Du hast das Standplatz Quiz richtig beantwortet.

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Sicherungsmethoden - Körpersicherung

Beim Klettern hat man das Leben des Kletterpartners sprichwörtlich in den Händen. Das Beherrschen der Partnersicherung in jeder Situation ist deswegen von ungemeiner Wichtigkeit. 

Im alpinen Gelände unterscheiden wir drei unterschiedliche Sicherungsmethoden: 

  1. Körpersicherung 
  2. Fixpunktsicherung  
  3. Zentralpunktsicherung an der Kräfteverteilung
Körpersicherung Fixpunktsicherung Zentralpunktsicherung an der Kräfteverteilung

KÖRPERSICHERUNG

Bei der Körpersicherung ist der Sichernde Teil der Sicherungskette:
Das Sicherungsgerät für den Vorsteiger wird am Sicherungsring des Gurtes aufgehängt. Mit der Körpersicherung kann meist direkter und mit weniger Schlappseil gesichert werden. Nachteilig an der Körpersicherung ist, dass der Kletterer Teil der Sicherungskette ist und der Bremsweg sowie die Sturzweite größer wird, da der Sichernde im Sturzfall nach oben gerissen wird.  

Voraussetzung für eine Körpersicherung ist, dass der Kletterer Erfahrung im Umgang mit der Körpersicherung besitzt und dass der Gewichtsunterschied der Kletterer nicht zu groß ist. Zudem muss am Stand ein Dummy-Runner eingehängt werden. Der Dummy-Runner verhindert, dass der Stürzende in den Sichernden fallen kann: Er bezeichnet eine Zwischensicherung am Stand, die garantiert, dass bei einem Stand-Sturz der Sturzzug im Sicherungsgerät nach oben wirkt und der Sichernde den Sturz halten kann. 

Als Sicherungsgerät können dynamische oder halbautomatische Geräte verwendet werden. Empfohlen wird die Körpersicherung, wenn folgende Punkte gewährleistet sind:

  • Der Sturzzug wirkt nach oben, nicht zur Seite (Quergang) oder nach unten.
  • Der Sichernde kann nach oben gezogen werden und würde nicht gegen einen Überhang prallen.
  • Der Sichernde besitzt ausreichend Bremsweg, er hat eine lange Selbstsicherungsschlinge.
  • Die Zwischensicherungen sind gut (Bohrhaken) und in akzeptablen Abständen (maximal drei bis fünf Meter). Die maximal mögliche Sturzenergie bleibt überschaubar
  • Der Sichernde ist das Halten von Stürzen über den Körper gewöhnt und das Gewicht von Sicherndem und Kletterer ist ähnlich.

FIXPUNKTSICHERUNG

Bei der Fixpunktsicherung wird das Sicherungsgerät im Zentralpunkt des Standplatzes eingehängt. Der Zentralpunkt kann ein Verschlusskarabiner, das Weiche Auge oder auch die Hakenöse sein. Als Sicherungsgerät muss ein dynamisches Gerät (HMS/ Tuber) verwendet werden.

Voraussetzung für eine Fixpunktsicherung ist ein solider Fixpunkt, da der Sturzzug in jede Richtung auf den Fixpunkt einwirken kann. Der Vorteil dieser Sicherung liegt darin, dass der Kletterer nicht Teil der Sicherungskette ist und dadurch keine Kräfte auf ihn einwirken. Bei der Fixpunktsicherung ist im Falle eines Sturzes der Bremsweg kürzer und somit die gesamte Sturzhöhe am kleinsten. Nachteilig ist, dass durch den kurzen Bremsweg der Anprall des Stürzenden an die Wand härter werden kann. 

ZENTRALPUNKTSICHERUNG AN DER KRÄFTEVERTEILUNG

Bei der Zentralpunktsicherung an der Kräfteverteilung liegt die Sicherung an einem Punkt zwischen Fixpunkt und Körper. Sie kommt zum Einsatz, wenn keine zuverlässigen Fixpunkte am Stand gegeben sind (keine Bohrhaken) oder mit mobilen Fixpunkten gearbeitet wird. Hierbei werden zwei bis fünf Punkte so verbunden, dass alle gleichzeitig die Sturzenergie in den Zentralpunkt aufnehmen können. Beim Ausbruch eines Punktes entsteht kein zusätzlicher Krafteintrag (Ruck) im System. Optimal werden solche Stände mit der „Südtiroler Methode“ aufgebaut. Hierbei wird ein Verschlusskarabiner mit Ankerstich als Zentralpunkt verwendet und ein Knoten vermieden.

Wenn möglich sollte der Zentralpunkt bei der Sicherung abgespannt werden, da im Falle eines Standsturzes der Sichernde gegen die Wand prallen kann. Gibt es keine Möglichkeit zum Abspannen muss sich der Sichernde auf die Möglichkeit nach oben gerissen zu werden einstellen.

Die Wahl der Sicherungsmethode bleibt immer situationsabhängig!